Frühere Studien belegen bereits einen Zusammenhang zwischen Musikalität und der Emotionswahrnehmung in der Stimme. In einer aktuellen „Überblicksstudie“, einem sog. „Systematic Literature Review“, wurde zunächst die Forschungslage zur Wahrnehmung von Emotionen in der Stimme im Zusammenhang mit Musikalität erfasst und darüber hinaus Forschungslücken herausgearbeitet. Die Jenaer Forschenden fanden zahlreiche Studien, die sich mit der Emotionswahrnehmung in der Stimme von Personen mit beeinträchtigtem Hörsinn auseinandersetzen. Dazu gehören etwa Personen mit Amusie, die zwar Töne wahrnehmen, jedoch keine Tonhöhen oder Rhythmen erkennen. Die Wahrnehmung der vokalen Emotionen bei uneingeschränkt Hörenden ist dabei noch teilweise unerforscht. Parallelen zwischen der Stimme und Musik – etwa die Tonhöhe, Klangfarbe, Geschwindigkeit und Lautstärke – könnten ein Grund dafür sein, dass Musizierende Emotionen in der Stimme besser wahrnehmen als unmusikalische Menschen. Weitere Forschungslücken identifizierte die WissenschaftlerInnen etwa bei der Frage, worin der Zusammenhang zwischen Musikalität und verbesserter Emotionswahrnehmung besteht. Denn auch unter Musizierenden bestehen wiederum Unterschiede. Instrumente-Spielende haben laut der analysierten Studien eine unterschiedliche Emotionswahrnehmung als Sängerinnen und Sänger. Erschwert wird die Interpretation der Ergebnisse zu diesem Themenfeld auch dadurch, dass nicht alle der überprüften Studien die beschriebenen Zusammenhänge konsistent belegen konnten und dass tw. kontroverse Resultate weitere Forschung erforderlich machen.
Ob musikalische Tätigkeiten und damit verbundenes Training die Wahrnehmung der Emotionen sogar verbessern, das ist noch unklar. Daher lautet die Arbeitsthese, dass möglicherweise Personen, die sich als musikalisch erweisen, eine bessere angeborene Sensitivität für akustische Nuancen haben und davon sowohl in der Musik als auch bei der Emotionswahrnehmung profitieren.
Herauszufinden, warum es diesen Zusammenhang zwischen Musikalität und vokaler Emotionswahrnehmung gibt und wie dieser geartet ist, das ist das Ziel.
Die Forschungsergebnisse wurden bislang überwiegend durch Verhaltensstudien erfasst. Neurowissenschaftliche Daten zu den Studien gibt es hingegen kaum. Darum setzt das Team an dieser Stelle mit einer eigenen Forschung an. Was passiert zwischen dem Hören von akustischen Signalen und dem Treffen einer Aussage dazu im Gehirn? Liegt der Unterschied zwischen Musizierenden und Nicht-Musizierenden etwa in der akustischen Verarbeitung oder in der Extraktion der Emotionen? Und werden die Emotionen über die Tonhöhe oder über die Klangfarbe ausgedrückt? Um dies herausfinden, führen die WissenschaftlerInnen eine Laborstudie durch. Mit Hilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) werden Gehirnströme der Testpersonen bei der Wahrnehmung von vokalen Emotionen gemessen und in zeitlicher Auflösung dargestellt. So können sie verfolgen, zu welchem Zeitpunkt der Verarbeitung der gehörten Emotionen Veränderungen auftreten. Um diese Unterschiede festzustellen, arbeiten sie mit zwei Testgruppen. Einerseits untersucht sie die neuronalen Abläufe bei professionellen Musizierenden. Andererseits werden Menschen, die außerhalb der Musik kreativ sind, z. B. im visuellen und grafischen Bereich, als Kontrollgruppe herangezogen.
Diese Studie ist auf die Teilnahme von Testpersonen angewiesen.
Vor allem für die Vergleichsgruppe mit kreativ-aktiven Menschen werden noch Teilnehmende gesucht. Kriterien für die Aufnahme in die Testgruppe sind die kreative Arbeit mit bildenden oder visuellen Künsten oder mit visuellen Medien. Zeitgleich sollen die Testpersonen noch nie musikalisch aktiv gewesen sein.
Auch Musikerinnen und Musiker werden noch gesucht, die mindestens acht Jahre lang ein Instrument gespielt oder Gesang geübt haben. Die professionelle Auseinandersetzung mit Musik, etwa durch ein Studium der Musik oder Musikpädagogik oder durch regelmäßiges Spielen/Singen von Musik bieten ebenfalls die Möglichkeit zur Teilnahme an der Studie.
Für die Vergleichbarkeit der Daten ist für Testpersonen beider Forschungsgruppen ein Alter unter 40 Jahren sowie die Muttersprache Deutsch Voraussetzung.
Die EEG-Studie findet in Jena am Institut für Psychologie statt (Am Steiger 3, Haus 1). Interessierte melden sich bitte bei Christine Nussbaum per Telefon 03641/945939 (Mo – Fr, 14 – 16 Uhr) oder E-Mail: christine.nussbaum@uni-jena.de.