Kommunikationsorientiert-sprachspezifische Therapie bei Kleinkindern und Kindern mit Hörschädigung
Karen Reichmuth, Dipl.-Logopädin
Immer mehr Kinder haben durch Früherkennung und -versorgung ihrer Hörschädigung nach Neugeborenen-Hörscreening eine gute Chance auf eine erfolgreiche Lautsprachentwicklung. Diese vollzieht sich allerdings nicht ohne Hürden.
Das Seminar sensibilisiert Sprachtherapeuten für Stärken und spezifische, audiogen bedingte Stolpersteine der frühen Lautsprachentwicklung dieser Kinder mit Hörschädigung aller Schweregrade vom Kleinkind- bis ins frühe Schulalter (2-8 Jahre) (mit Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten/CI versorgt). Die Vorstellung der Sprachdiagnostik mithilfe spezifischer Untersuchungsverfahren anhand von Fallbeispielen und die gemeinsame Interpretation der Ergebnisse ermöglichen einen Einblick in Ähnlichkeiten und Unterschiede des Lautspracherwerbs im Vergleich zu dem hörender Kinder. Zusätzlich werden Indikatoren für günstige und abweichende Entwicklungsverläufe mit CI dargelegt.
Ein weiterer Schwerpunkt im Seminar liegt auf der Vermittlung des sprachtherapeutischen Vorgehens zur lautsprachlichen Förderung sowie der kontinuierlichen Elternarbeit nach dem kommunikationsorientiert-sprachspezifischen Ansatz (Reichmuth 2017). Die Leitgedanken sind dabei einerseits, die Kinder bei den besonderen audiogen bedingten Herausforderungen des Lautspracherwerbs früh sprachtherapeutisch zu unterstützen und andererseits, Eltern begleitend in ihrer Interaktion mit ihrem Kind zu stärken und zu entwicklungsangepasster Sprachanregung im Alltag zu beraten.
Das Konzept nutzt für die gezielte Sprachförderung zum einen bekannte Vorgehensweisen der Sprachtherapie. Zum anderen ergänzt es sie um spezifische Aspekte für Kinder mit Hörschädigung, zum Beispiel durch Verknüpfung sprachauditiver, phonologischer und morphologischer Förderung sowie durch Einsatz von Visualisierungshilfen und metasprachlichem Wissen. Das Vorgehen ist dabei alters- und entwicklungsspezifisch ausgerichtet.
Die Ableitung von Zielen aus der Diagnostik und das Vorgehen in der Sprachtherapie sowie Inhalte und Vorgehen in der Elternarbeit werden im Seminar praktisch erarbeitet und dargelegt. Zahlreiche Fallbeispiele auf Video und Gruppenarbeit ermöglichen den Einblick in die Praxis und die Vernetzung mit der Theorie. Aspekte der Förderung der Identitätsentwicklung sowie Chancen und Grenzen von Inklusion lautsprachlich kommunizierender Kinder mit Hörschädigung werden beleuchtet.
Abschließend wird das frühzeitige Erkennen der Grenzen einer reinen Lautsprachförderung an Beispielen vermittelt und ein verantwortungsvoller Umgang damit diskutiert. Dazu wird ein kurzer theoretischer Überblick zur Gebärdensprache und Gebärden als Hilfsmittel in der Fachpädagogik und Sprachtherapie gegeben.
Voraussetzungen für den Besuch des Seminars:
abgeschlossene/s Studium/Ausbildung in Logopädie/Sprachtherapie/Sprachheilpädagogik, Hörgeschädigtenpädagogik
Die Inhalte dieses Seminars werden durch das Seminar „Bausteine in der Therapie mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen" von Dr. Claudia Häußinger (1936-KJ) ergänzt.Beide Seminare können einzeln oder im Paket (dann vergünstigt) gebucht werden.
Weiterführende Informationen
Kurzbiographie: Karen Reichmuth, Dipl.-Logopädin
Karen Reichmuth ist seit 1989 Logopädin. Vor und während ihres Studiums der Lehr- und Forschungslogopädie an der RWTH Aachen arbeitete sie therapeutisch mit der Spezialisierung im Bereich Kindersprache an der Beratungsstelle für Hörbehinderte in Berlin und in einer logopädischen Praxis in Aachen. Seit 1990 ist sie außerdem als Referentin und Dozentin tätig.
Seit 2002 ist sie Diplom-Logopädin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin und klinische Logopädin am Universitätsklinikum Münster (UKM- Abt. Phoniatrie und Pädaudiologie & Cochlear Implantat Centrum Münsterland), u.a. Mitarbeit in verschiedenen Forschungsprojekten zur Sprach- und Kommunikationsentwicklung und Förderung vor allem von Kindern mit Hörstörungen und Mehrfachbeeinträchtigungen sowie zur Rehabilitation nach Cochlea-Implantation bei Erwachsenen.
Karen Reichmuth hat die evidenzbasierte Frühintervention „Münsteraner Elternprogramm zur Kommunikationsförderung von Säuglingen und Kleinkindern mit Hörschädigung MEP" mitentwickelt (Reichmuth et al., 2013 & 2017; Glanemann et al., 2013 & 2016). Seit 2012 bietet sie zertifizierte Weiterbildungen im MEP für Fachkräfte in der Hörfrühförderung am UKM an. Gemeinsam mit ihren Kollegen entwickelte sie außerdem 2016 das Münsteraner Konzept zur modellgeleiteten Rehabilitation des Hörens nach Cochlea-Implantation bei Erwachsenen.
2017 veröffentlichte sie ihren kommunikationsorientierten-sprachspezifischen Ansatz zur Therapie von Kindern mit Hörschädigung, der eine Modifikation ihres ursprünglich kommunikationsorientierten und mehrdimensionalen Ansatzes darstellt.
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